Core Web Vitals: Wie wohl würden Sie sich auf Ihrer eigenen Website fühlen?

Maria Gölz

Ein Aspekt in der Bewertung von Webseiten durch Google, dessen Priorität seit Jahren immer mehr zunimmt, ist die Nutzererfahrung, also die Beantwortung der Frage, wie gut ein Internetnutzer mit einer Website umgehen kann und wie gut sie ihm dabei hilft, seine Fragen zu beantworten bzw. seine Aufgaben zu bewältigen. Denn die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht, gesehen zu werden, sondern dass dazu auch die Erfüllung von Erwartungen und guter Service gehören, sickert immer mehr in die Online-Welt ein – und das ist gut so.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie möchten eine Hose kaufen. Da Sie den stationären Handel unterstützen möchten, gehen Sie zu einem Einkaufsbummel in die Fußgängerzone der nächstgelegenen Kleinstadt. Sie machen ein Geschäft für Herrenbekleidung aus, dessen Auslage und Aufmachung Sie ansprechen und das laut Schild geöffnet haben müsste. Sie beschließen, sich dort einmal umzusehen – und sind durchaus bereit zum Kauf, denn Sie haben ein klares Ziel vor Augen und Ihr Budget im Kopf klar umrissen. Doch dann passiert folgendes:

Die automatische Schiebetür öffnet sich erst nach vier Sekunden. Sie führen einen sportlichen Tanz auf, um überhaupt Einlass zu bekommen. Nachdem Sie das Geschäft betreten haben, erwartet Sie nicht etwa eine saubere Aufteilung, die Ihnen hilft, sich gut zurechtfinden. Stattdessen fällt Ihnen alle paar Meter ein neuer Kleiderständer oder ein neues Regal auf, dass Sie vom Eingang aus nicht sehen und für Ihre Tour durchs Geschäft einplanen konnten. Die ständigen Neuentdeckungen kosten Sie Zeit, da Sie sich immer wieder fragen, ob die neu entdeckte Ware vielleicht doch besser zu Ihnen passt als die, die Sie vom Eingang aus als erstes wahrgenommen und dementsprechend als erstes angesteuert haben. Sie haben Fragen. Sie möchten einen der netten Verkäufer ansprechen, um nach Hosen aus einem bestimmten Material zu fragen oder weil Sie sich mit dem Sortiment nicht auskennen. Sie gehen auf den Verkäufer, der offensichtlich nur auf Ihre Ansprache und Interaktion gewartet hat, zu und richten ihre Frage an ihn. Dieser bleibt jedoch stehen, rührt sich nicht vom Fleck und macht, ganz davon zu schweigen, Ihnen zu helfen, keinerlei Anstalten, auf Ihren Interaktionsversuch einzugehen. Erst nachdem Sie zehn Sekunden an ihm herumgerüttelt haben, wacht er plötzlich aus seiner Erstarrung auf.

Klingt absurd? Richtig, ein solches Geschäft würden Sie sehr schnell wieder verlassen und wahrscheinlich nie wieder betreten. Dennoch gibt es noch viele Angebote im Netz, die sich verhalten wie bei dieser schlechten Kundenerfahrung aus dem „echten Leben.“ Seit einigen Monaten bemüht sich Google, Internetseiten, die ihren Besuchern eine reibungslose Nutzererfahrung bieten, gegenüber solchen mit Defiziten zu bevorzugen – und die Messung dahingehender Werte gelingt immer treffsicherer und genauer. In diesem Zuge werden ab Mitte 2021 die sogenannten Core Web Vitals Einzug halten in das Sortiment der Google-Rankingfaktoren. Hier eine kurze Beschreibung einiger wichtiger Aspekte:

Der Largest Contentful Paint beschreibt, wie lang es dauert, bis das größte Inhaltselement geladen und im Viewport sichtbar ist. Damit ist der Bereich gemeint, den der Betrachter (ohne Scrollen) wahrnimmt, sobald er eine Seite betritt. Zur Orientierung auf einer Website ist es wichtig, dass zentrale Elemente schnell geladen werden. „Zentral“ sind verspielte Schriftarten oder Schatten hinter Buttons z.B. nicht.

Der First Input Delay beschreibt, wie lang es dauert, bis ein Besucher mit dem ersten Element auf einer Seite interagieren kann. Denken Sie z.B. an Buttons, die noch nicht anklickbar sind, an Schieberegler, die Sie nicht nutzen, oder an Formulare, die Sie nicht ausfüllen können. Im obigen Beispiel entspricht diesem Messwert in etwa der eingefrorene, nicht ansprechbare Verkäufer.

Mit dem Cumulative Layout Shift wird gemessen, wie visuell stabil eine Internetseite ist, d.h., es wird in den Fokus genommen, ob nachladende oder plötzlich auftretende Elemente die Nutzererfahrung erheblich verändern und stören.
Im obigen Beispiel verstehen wir darunter etwa das ständige Neuentdecken von weiterem Angebot, durch dass Sie sich, hätten Sie es schon beim Betreten entdeckt, anders im Geschäft bewegt hätten. In Bezug auf Webseiten ist damit beispielsweise die plötzliche Verschiebung von Buttons gemeint, da weiter oben ein Element nachlädt, das für den Betrachter in diesem Moment möglicherweise schon gar nicht mehr relevant ist. Auf diese Weise klicken Benutzer an die falsche Stelle, können den geplanten nächsten Schritt nicht durchführen und verbinden nun mit der Website und somit mit der Marke dahinter ein frustrierendes Erlebnis.

Um Ihre Website-Besucher nicht nur anzuziehen, sondern freundlich und hilfreich zu bedienen, sind die Core Web Vitals aussagekräftige Indizien. Wenn Sie diese Messwerte so optimal wie möglich erfüllen, erhalten Sie Besucher, die weniger an Ihrer Website auszusetzen haben, die also erstens keinen negativen Eindruck weiterverbreiten und die zweitens gern zurückkehren. Dieses Ziel sollte Ihnen bei Arbeiten an Ihrer Website immer klar vor Augen stehen.