Gute Texte schreiben? Mach dich mal locker, Spaßvogel!
Warum Ernst hinter den Schreibtisch im Bauamt und nicht in deine Texte gehört.
Okay, ich geb’s zu. Ich habe früher Dinge getan, die ich heute nie-nie-nie wieder tun würde. Meist spät am Abend oder in der Nacht, wenn mich niemand sehen konnte. Aber hey, ich brauchte das Geld damals wirklich. Und wenn du deinen Auftraggeber nicht verärgern willst, dann tust du eben, was er verlangt. Damals galt für mich: Tu es einfach. Hinterfrage nichts davon und versuch ja nicht, es auf deine eigene Art zu regeln. Immerhin geht es um Buchstaben und den guten Ruf des Unternehmens.
Schande über mein Haupt, aber jetzt ist es raus: Vor über zehn Jahren, als ich noch nicht hauptberuflich als Texter und Content-Marketing-Fuzzi gearbeitet habe, prostituierte ich mich auf einem bekannten Textauftrags-Portal. Immer und immer wieder. Es war so ziemlich alles dabei, was der gemeine Texter von heute gerne schreibt: Packende SEO-Meisterwerke über Multifunktions-Fernbedienungen, Infrarotkabinen, Rändelwerkzeuge, Achselenthaarung und Kurzurlaub Hund. Und das waren noch die eher spannendsten unter den Themen. Hauptsächlich waren es SEO-Texte mit perverser Keyword-Density und allem Drum und Dran. Lieblos dahingeklatscht, natürlich wie am Fließband.
So unterschiedlich dämlich die Themenfelder waren, hatten diese schmutzigen Jobs aber alle eines gemeinsam: Das durchweg bitchhaft formulierte, unrealistische Briefing im Boss-Befehlston. Meist in der Art:
„Schreiben Sie einen 250-300 Wörter langen SEO-Text zum Thema „Kurzurlaub Hund“. Sprechen Sie die Leser mit ‚Sie‘ an. Der Text muss ansprechend und angenehm zu lesen sein. Das Keyword „Kurzurlaub Hund“ muss mind. 75 Mal im Text vorkommen (in genau dieser Reihenfolge!!!!!!!!!). Wichtig: Der Text DARF NICHT aus anderen Quellen kopiert sein!!! Achten Sie auf einen seriösen Schreibstil!!!“
HALT, STOP!
Ein seriöser Schreibstil? Warum zur Hölle muss ein Text über verregnete Februarwochenenden mit Fiffi auf der sandstrandlosen Nordseeinsel Pellworm denn so seriös geschrieben sein? Etwa, weil ihn vielleicht ein DAX-Vorstand lesen könnte? Weil du glaubst, deine Zielgruppe erwartet einen bierernsten Text? Weil das pulsierende Eiland Pellworm als Partylocation schon spaßig genug ist? Oder weil du es als ebenso seriöser(hust-hust) wie humorloser Auftraggeber halt nunmal so siehst?
Meine Erfahrung der letzten Jahre: Wenn es um Unternehmenskommunikation und Marketing geht, möchte der bodenständige, ehrbare Kaufmann – nennen wir ihn Ernst – bloß nichts riskieren. Erst recht nicht in diesen Zeiten, wo dich doch an jeder Ecke der nächste Shitstorm in die Existenzlosigkeit treiben kann. Bestimmt kennst du selbst diese bierernsten Unternehmertypen. Der eine, der dich per Telefax zur Releaseparty seiner neuen Imagebroschüre einlädt. Dessen Website vor Vokabeln wie "ganzheitlich" und "nachhaltig" nur so strotzt. Der dir „maßgeschneiderte Lösungen vom Profi“ bietet und dein „kompetenter Ansprechpartner“ sein will. Der "Experte" mit "jahrzehntelanger Erfahrung und umfassenden Know-how", der mit freundlichen Grüßen „verbleibt“ und dich gerne "ausführlich" berät.
Aber warum denn so(,) Ernst?
Ich werde dir nun verraten, warum Ernst seine hochseriösen Texte haben will. Und worin sein Denkfehler liegt: in seinem Kommunikationsverständnis. Ernst glaubt fest daran, dass das, was wir persönlich sagen und das, was wir anderen schriftlich mitteilen, in Sachen Kommunikation zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sind. Und zwar immer! Deshalb gehört es sich scheinbar nicht, seinen Kunden die eigenen Produkte oder Dienstleistungen auf locker-persönliche und zugleich verkaufsstarke Art schmackhaft zu machen – jedenfalls nicht in Textform. Humor und Vertrieb seien völlig unvereinbar. Denn was sieht der Kunde dort auf der Website? Richtig! Nur Buchstaben und Worte und nicht ihn live und persönlich in Fleisch-und-Blut-Gestalt! Wenn Ernst also nicht mit seinem gottgleichen Auftreten und seiner Kompetenz mächtig Eindruck beim Kunden schinden kann, tja ... dann müssen eben Buchstaben diesen Part übernehmen. Vielleicht hat er das 1997 mal so auf einem IHK-Kurs gelernt, wer weiß?
Gehört Humor zu uns Menschen nicht einfach dazu?
Schauen wir uns Ernst aber mal von menschlicher Seite an. Wie kommt er wohl live im Kundengespräch rüber? Ich wage die kühne Behauptung: egal wie spießig der gute Mann zu sein scheint – wenn er mit einem sympathischen Kunden spricht und dabei ein wenig auftaut, dann wird sogar Ernst mal einen kleinen Scherz von sich geben oder gar mit seinem Gesprächspartner über etwas lachen. Und warum fühlen er und sein Kunde sich in so einer Situation wohl? Eben weil sie sich gegenseitig verstehen! Weil jeder von uns in gewissem Maße eine humorvolle Ader in sich trägt und jeder aus menschlicher Natur heraus (bewusst oder unbewusst) nach Momenten strebt, in denen er ein wenig lachen kann.
Jetzt frage ich dich: Warum solltest du diesen höchstmenschlichen Faktor in deinen Texten auslassen? Nur, weil der Text primär eine verkaufsstarke Funktion haben oder dich und dein Unternehmen von der bestmöglichen Seite zeigen soll? Weil du in deinem Marketingstudium etwas anderes gelernt hast? Weil in Texte einfach nüchterne Zahlen, Daten und Fakten gehören? Weil Humor in Texten unseriös ist? Falsch! Und warum?
Humor ist seit Urzeiten unser kleinster gemeinsamer Nenner. Die gemeinsame, zwischenmenschliche Wellenlänge. Und genau deshalb gehört er in die Phase der Konversion und in deinen Text, verdammt! Wenn der Text auf deiner Landingpage oder auf der Artikeldetailseite in deinem Onlineshop etwas verkaufen soll, dann schaffe die positive Grundatmosphäre dafür! Streu ein wenig Wortwitz ein, mach dich mal locker, Herrgott noch mal! Keine Sorge, deine zutiefst grundseriösen Kunden werden jetzt nicht damit anfangen, dich dafür zu hassen – im Gegenteil. Du erzeugst mehr Aufmerksamkeit und Sympathie als mit jeder trocken ratternden Salve, die aus deiner frisch geölten Corporate-Bullshit-Kalaschnikow abfeuerst!
Entdecke den Spaßvogel in dir
Ich möchte dir zunächst mal beglückwünschend auf die Schulter klopfen, dass du dich jetzt dafür entschieden hast, deine stocksteife Schreibe einmal zu überdenken. Nichtsdestotrotz habe ich die leise Ahnung, dass du dich womöglich fragst: „Der Dragan mag ja Recht damit haben, dass Humor in der Unternehmenskommunikation und in Conversion-fördernden Texten durchaus einen positiven Effekt haben kann. Aber woher weiß ich, dass ich mich nicht irgendwann zum Affen damit mache?“
Die Antwort ist ziemlich einfach: Du machst niemals einen auf King Louie, wenn du dein Fachgebiet sicher beherrschst. Das heißt für dich: Je mehr Witz du in einen Text steckst, desto wahrer und fundierter sollte er also sein. Wenn du es schaffst, auch einen sehr komplizierten Sachverhalt humorig und gegebenenfalls auch für Laien nachvollziehbar rüberzubringen, erzeugt dies beim Gegenüber folgenden Gedanken im Hinterkopf: „Hey, dieser Mensch da hat echt Ahnung von der Materie. So locker, unterhaltsam und anstrengungslos er mir das Thema erklärt ... wow – dem kann ich vertrauen.“
Vor allem letzterer Punkt ist interessant: Vertrauen. Jemandem, der mich zum Lachen bringt, dem unterstelle ich instinktiv nicht, dass eine böse Absicht hinter seinen Scherzen steckt. Ganz im Gegenteil. Es wird nun also höchste Zeit für dich, den Spaßvogel in dir zu entdecken, wenn du textlich mehr Kompetenz ausstrahlen und Vertrauen bei denen Kunden erzeugen willst.
Fünf Tipps, wie du mehr Heiterkeit in deine Buchstabensuppe streust
Ich verlange ernsthaft von dir, dass du dich mit deinen Texten humor- und lockerheitskritisch auseinandersetzt. Also wirst du jeden Satz aus deinen Artikelbeschreibungen, auf deinen Landingpages, in deinem Über-uns-/ Über-mich-Text unter die Lupe nehmen und dabei folgende Tipps umsetzen:
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1. Trau dich mal was!
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2. "Kommt 'n Mann zum Arzt ... " – Dosiere von Anfang an dein Humorgewürz!
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3. Rege die Sinne an
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4. Kenne deine Grenzen
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5. Vergiss deine Eitelkeiten
Fazit: Eine Portion Humor hat bis jetzt noch keinen Text getötet.
Wie sollst du jetzt anfangen? Nun, probier dich mal aus! Trau dich was! Gib witzige und zugleich fachlich absolut fundierte Aussagen ab. Ziehe absurde Vergleiche, übertreib ruhig mal ein wenig. Das Geschäft im Internet ist nämlich schon hart genug. Hab wenigstens Spaß dabei bring andere zum Lachen. Gibt es in Sachen Humor auch Grenzen, dann teste sie aus. Und wenn es funktioniert: Mach weiter! Und falls du mal eine Inspiration brauchst, dann ruf mich an oder schreib' mir eine E-Mail!